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08.08.2022

Ein Reha-Antragsverfahren wird zum medizinischen Risiko

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Der 68-jährige Patient Herr D. leidet seit etwa 20 Jahren an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Mittlerweile hat er das Stadium Gold IV erreicht und ist auf ein ständiges, mobiles Sauerstoffgerät angewiesen. Herr D. lebt allein und besitzt den Pflegegrad 2. Schon für kurze Wegstrecken benötigt er wegen akuter Atemnot einen Rollstuhl. In seinem Schwerbeschädigtenausweis ist aG für schwerste eingeschränkte Fortbewegung und B für Begleitperson vermerkt. Sein Glück im Unglück: Der 68-jährige hat ein funktionierendes soziales Netzwerk und weiß sich zu helfen. Zusammen mit dem behandelnden Hausarzt beantragt Herr D. nach 2018 und 2019 wieder eine pneumologische stationäre Reha-Maßnahme.

Patient Herr D. sitzt im Rollstuhl. Foto: Adobe Stock
Patient Herr D. sitzt im Rollstuhl. Foto: Adobe Stock

In den Jahren der Corona-Pandemie 2020 und 2021 hatte er vorsichtshalber keine Reha in Anspruch genommen. Im Reha-Antrag sind das Krankheitsbild und seine Einschränkungen deutlich formuliert. Unter anderem sei ambulante Physiotherapie fast nicht möglich, da die Transportwege zu beschwerlich sind. Zur Reha-Klinik wird der Transport mit PKW bzw. Bahn und eine Begleitperson als Erfordernis beantragt.

Die DAK-Gesundheit bewilligt die Reha-Maßnahme dem Grunde nach anstandslos. Als Zuweisungsklinik benennt sie ihrem Versicherten allerdings eine Klinik im Allgäu, über 700 km vom Wohnort Berlin entfernt. Mit der Bahn müsste Herr D. sogar drei Mal umsteigen und wäre etwa 7,5 h unterwegs – wenn die Zugverbindung klappt! Der Akku seines mobilen Sauerstoffgerätes hält maximal 4 h unter normaler Belastung. Laden ist nur in ICEs möglich.

Als Herr D. den Bescheid über die Zuweisungsklinik erhält ist er entsetzt und völlig fassungslos. Es beginnt ein reges 3-monatiges und nervenaufreibendes Hin- und Her mit der Widerspruchsabteilung der DAK – telefonisch und schriftlich. Darin wird erläutert, dass der Patient Herr D. ärztlich attestiert Seeklima benötigt sowie kurze Transportwege und ein ihm bekanntes Behandlungsumfeld. 2018 und 2019 war er an Nord- bzw. Ostsee mit Direktverbindung und Patiententransport der jeweiligen Reha-Klinik. Zudem prognostiziert ihm sein Arzt schriftlich die sehr hohe Wahrscheinlichkeit einer Akutbehandlung, wenn die DAK die Zuweisung in die gewählte Klinik nicht gewährt. Sofern Herr D. überhaupt die Zuweisungsklinik erreicht.

Daraufhin nimmt die DAK die Allgäuer Klinik zurück und schlägt eine Klinik auf halber Strecke in Bad Pyrmont vor, immer noch rund 370 km entfernt und ohne Direktverbindung der Deutschen Bahn. Die ärztliche Festlegung nach Seeklima wird weiterhin ignoriert. Herr D. gibt nicht auf und verweist nun auf sein Wunsch- und Wahlrecht. Er sucht den direkten telefonischen Kontakt mit seinem Ansprechpartner, glaubt an ein Missverständnis und wird dennoch wieder zurückgewiesen: Die neue Zuweisungsklinik sei medizinisch geeignet, seine aus Vorbehandlung benannten Wunschkliniken an der See könne er nur mehrkostenpflichtig erhalten. Hilflos nach diesem erneuten Rückschlag, wendet er sich daraufhin an den Arbeitskreis Gesundheit e. V. Der interviert: Der Reha-Antrag wurde offensichtlich ohne Berücksichtigung des seit Jahren dokumentierten Krankheitsverlaufes des Patienten und damit wider besseres Wissen beschieden. Außerdem wurde die Sorgfaltspflicht nicht ausreichend beachtet, der Versicherte vermeidbar belastet und seine Behandlung damit insgesamt auch noch verzögert.

Herr D. erhält abschließend eine mehrkostenfreie Kostenzusage für seine Wunschklinik aus 2019. Er hofft nun auf eine schnelle Aufnahme in seine ausgewählte Reha-Klinik und auf einen komplikationsfreien Patiententransport.

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