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15.06.2023

Starke Knochen bis ins hohe Alter

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Fünf Fragen zu Osteoporose an Gudrun Hug, Oberärztin Orthopädie im Passauer Wolf Ingolstadt

Laut dem Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e.V. leiden in Deutschland circa sechs Millionen Menschen an Osteoporose. Ein kleiner Sturz kann bei Betroffenen böse Folgen haben. Denn wenn sich die Knochendichte verringert, steigert das die Gefahr von Knochenbrüchen. Frühzeitige Erkennung, Behandlung und vor allem Prävention sind also besonders wichtig.

Was genau bei Osteoporose passiert und wie man auch in jungen Jahren bereits viel zur Vorbeugung tun kann, erzählt uns Gudrun Hug, Oberärztin Orthopädie im Passauer Wolf Ingolstadt.

Vergleichsbild zweiter Oberschenkelknochen im Querschnitt - links ohne, rechts mit Osteoporose.
Vergleichsbild zweiter Oberschenkelknochen im Querschnitt - links ohne, rechts mit Osteoporose. Bild: AdobeStock - Osteoporose 333497578, Axel Kock

Wie macht sich Osteoporose bemerkbar? Was passiert da mit dem Knochen?

Gudrun Hug: „Leider macht sich die Osteoporose erst bemerkbar, wenn ein Knochen gebrochen ist, meist an der Wirbelsäule oder gelenknah. Jeder von uns hat mindestens einen Bekannten, der z.B. eine Schenkelhalsfraktur erlitten hat und das nur durch einen minimalen Sturz, weil er sich neben einen Stuhl gesetzt hat. Ein Bagatellunfall einhergehend mit einem Knochenbruch sollte einen spätestens aufhorchen lassen, dass eine Osteoporose vorliegen könnte.

Die Definition der DVO (Fachgesellschaft für Osteologie) in der Leitlinie 2017 lautet folgendermaßen: „Die Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung, die durch eine niedrige Knochenmasse und eine mikroarchitektonische Verschlechterung des Knochengewebes charakterisiert ist, mit einem konsekutiven Anstieg der Knochenfragilität und der Neigung zu Frakturen. Sind bereits Frakturen als Folge der Osteoporose aufgetreten, liegt eine manifeste Osteoporose vor.

Das Bild des Schenkelhalses (oben) zeigt ganz gut, was bei einer Osteoporose passiert (links Normalbefund, rechts osteoporotischer Knochen):

  • quantitative Verminderung der Knochenmasse (durch gesteigerten Knochenabbau)
  • Rarefizierung der Knochenbälkchen (in Form und Anzahl)

Das heißt die Masse bzw. Dichte des Knochens wird weniger, die Verzahnung, das „Gerüst des Knochens“ wird instabiler und so kommt es zum Knochenbruch bei geringer Krafteinwirkung, dem sog. Bagatellunfall. Davor gibt es jedoch einige Vorstadien, wo wir eingreifen können, sofern wir wissen, dass eine Osteoporose vorliegt.

Am häufigsten betroffen hinsichtlich Osteoporose und Knochenbrüchen sind Wirbelkörper sowie Schenkelhals und Oberarmkopf. Am Skelett sind dies Knochenareale, deren Struktur aus Knochenbälkchen besteht und somit dem Knochenumbau vermehrt ausgesetzt sind.“

Wer ist allgemein gefährdet, an Osteoporose zu erkranken?

Gudrun Hug: „Besonders gefährdet sind Frauen, die in die Wechseljahre kommen. Durch die hormonelle Umstellung des Östrogens verlieren Frauen innerhalb von 4-5 Jahren ca. 4 % ihrer Knochenmasse pro Jahr. Wir bezeichnen dies als prä- bzw. postmenopausale Osteoporose. Männer sind 10 Jahre später, jedoch im geringeren Umfang betroffen.

Zusätzlich gibt es noch viele Risikofaktoren wie z. B. Vererbung. Wer eine Mutter bzw. Vater mit Osteoporose hat, zählt zu den Personen mit deutlich erhöhtem Risiko. Unter anderem hat auch Rauchen, Alkohol, oder Mangelernährung negative Einflüsse. Jemand mit einem BMI unter 20 und über 30 gehört zur Risikogruppe.

Wir kennen noch viele weitere Erkrankungen, die negative Folgen für den Knochen haben wie Stoffwechselerkrankungen z.B. der Diabetes mellitus, Erkrankungen des Hormonhaushaltes ausgehend von der Schilddrüse, Nebenschilddrüse oder Nebenniere, um nur einige zu nennen, oder eine Reihe von Medikamenten.

Mit dem Alter kommt eine Sturzneigung dazu durch Koordinationsstörungen und Verminderung der Muskelmasse. Auch eine mangelnde Beanspruchung wie bei der Immobilität führt zu einem Abnehmen der Knochenmasse. Als Beispiel wird der Astronaut oft herangezogen: Auf diesen wirkt keine Schwerkraft, also keine Druck-, Zug- und Biegebelastung auf den Knochen. Darauf stellt sich der Knochen sehr schnell ein und verliert an Masse.

Man sieht, es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, die sich auf den Knochen negativ auswirken und zu einer Gefährdung, an Osteoporose zu erkranken, beitragen. Jede und jeder Einzelne ist also gefordert, sich klarzumachen, ob sie oder er Risiken hat.“

Wie wird Osteoporose im Regelfall behandelt?

Gudrun Hug: „Bei einem Knochenbruch wird natürlich zunächst dieser behandelt.

Bevor man eine Osteoporose überhaupt behandeln kann, muss sie diagnostiziert werden. Dazu dient neben einem Basislabor die Knochendichtemessung, die sogenannte DXA-Messung (eine spezielle Röntgenuntersuchung). Anhand dieser kann man dann die Ausprägung der Erkrankung feststellen und eine entsprechende Therapie einleiten. Zusätzlich muss natürlich eine mitauslösende Erkrankung entdeckt und therapiert werden.

Bewegung und Belastung des Knochens mit Druck-, Zug- und Biegebelastung ist essentiell als Anreiz für den Knochenaufbau. Als zweites sind eine kalziumreiche Ernährung und ausreichend Vitamin D wichtig als Grundbausteine für den Knochen. Das ist das Basisprogramm für jeden!

Die deutsche Gesellschaft für Ernährung hat auf ihrer Web-Seite zu Kalzium und Vitamin D Ernährungsvorschläge zusammengestellt ebenso wie einige Selbsthilfegruppen für Osteoporose. An Kalzium sollten mindestens 1000 – 1500 mg / Tag am besten durch die Ernährung zugeführt werden, an Vitamin D mindesten 1000-2000 IE / Tag. Für das Vitamin D spielt das Sonnenlicht eine wichtige Rolle. Falls dies nicht ausreicht, gibt es dazu entsprechende Präparate zum Einnehmen.

Hinsichtlich einer medikamentösen Behandlung gibt es ein Stufenschema, das je nach Alter, Risikofaktor und Schwere der Osteoporose angewendet wird. In der Regel wird vom Osteologen, der die Messung vornimmt, die medikamentöse Therapie festgelegt. Hierfür gibt es zum einen Medikamente, die den weiteren Knochenabbau bremsen z. B. die sog. Bisphosphonate, damit möglichst kein weiterer Knochenbruch auftritt. Zum anderen stehen uns bei schwerer Osteoporose mit vielen Knochenbrüchen Medikamente zur Verfügung, die den Knochen zum Aufbau stimulieren. Kontrolliert wird dies dann im Rahmen einer turnusmäßigen DXA-Messung.“

Eine Frau an einem Trainingsgerät. Eine Therapeutin stützt sie und leitet sie in der Übung an.
Bild: Passauer Wolf, Fotograf Berli Berlinski

Wie kann eine Reha bei Osteoporose helfen?

Gudrun Hug: „Eine Rehabilitationsmaßnahme kommt zum Tragen, wenn ein osteoporotischer Knochenbruch vorliegt. Primär wird zunächst diese Verletzung behandelt mit dem Ziel der Schmerzlinderung, Steigerung der Eigenständigkeit, Mobilität und Anleitung zu geeigneten Übungen.

Natürlich muss bei einer bestehenden Osteoporose der Schwerpunkt auf der weiteren Frakturvermeidung liegen z.B. im Rahmen der Sturzprophylaxe in Form von Kraftaufbau von Rumpf und Extremitäten, Schulung der Koordination und Gleichgewicht. Es geht insgesamt um den Erhalt der Lebensqualität.

Zusätzlich werden die Patientin bzw. der Patient hinsichtlich weiterer Schritte zu Diagnostik, medikamentöser Therapie und Ernährung bei Osteoporose beraten, teilweise damit begonnen und auch auf die notwendige weitere Betreuung nach der Reha verwiesen.“

Kann man Osteoporose vorbeugen?

Gudrun Hug: „Ja, alle Betroffenen können vorbeugen. Wer schon in seiner Jugend dafür gesorgt hat, dass die Knochenmasse möglichst hoch ist, kann lange davon zehren. Aber in jedem Lebensalter profitiert man durch eine entsprechende Bewegungstherapie.

Allgemein gesagt, reagiert der Knochen auf Belastung. Bei geringer Belastung schwindet die Knochenmasse, bei vermehrter Belastung baut sie sich auf.

Legt man z.B. einen Sportler zwei Wochen lang ins Bett, reicht dies, dass aus dem Knochen Kalzium mobilisiert wird und somit ein Abbau beginnt. Also können durch entsprechende Bewegung und Belastung positive Effekte erzielt werden. Dazu leiten wir z.B. in unserem Präventivprogramm an.

Es muss dann stetig weiter trainiert werden. Empfohlen wird hier dreimal pro Woche 45-60 Minuten. Und natürlich geht es auch wieder Hand in Hand mit der Ernährung.

Die allgemeine Empfehlung der Osteologen ist somit Bewegung, Bewegung, Bewegung, kalziumreiche Ernährung und Vitamin D gerade zur Prävention.

Beim Passauer Wolf Ingolstadt haben wir ein spezielles Präventionsprogramm entwickelt, das dabei helfen kann, Osteoporose vorzubeugen. „Osteo-Fit“ setzt auf ein ganzheitliches Konzept: Prävention durch Kräftigung, damit Senkung der Frakturrate und Effekte auf die Knochenfestigkeit. Ergänzt werden kann der Kurs durch eine medizinische Trainingstherapie und Ernährungsberatung.

Zusammenfassend bestehen eindeutige Zusammenhänge zwischen körperliche Aktivität, Ernährung, ausreichendem Vitamin-D und Knochengesundheit. Für mich persönlich ist folgendes Wissen am Wichtigsten: ich selbst kann meinen Anteil zu all diesen Bausteinen beitragen, die mich fit und meine Knochen stark und stabil halten!“

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