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LesenEs ist eine seltene Erkrankung: Am Guillain-Barré-Syndrom (GBS) erkranken nur 1-2 von 100.000 Personen pro Jahr. Eine von ihnen, die es 2020 getroffen hat, ist Heidemarie Langel. Die 75-Jährige klagte zuerst über taube Finger und ein Kribbeln in den Händen, am nächsten Tag kamen Rückenschmerzen dazu und ein Kribbeln in den Füßen. „Es war insgesamt ein ganz komisches Gefühl“, erinnert sie sich. „Es ging dann weiter mit Schmerzen im Oberkörper und einem bitteren Geschmack im Mund, der nicht mehr wegging.“
GBS ist zwar selten, aber für Betroffene eine Qual – bei manchen führt der Krankheitsverlauf bis hin zur Atemlähmung. Soweit kam es bei Heidemarie Langel glücklicherweise nicht. Dennoch hat sie bereits einen mehrmonatigen Leidensweg hinter sich. „Als ich nach ein paar Tagen mit den ersten Symptomen zum Arzt ging, bekam ich eine Infusion“, berichtet sie. „Der Arzt meinte, das würde die Symptome sicher lindern. Auf dem Rückweg bin ich dann beim Fahrradfahren einfach umgefallen und kam mir vor, als wäre ich betrunken.“ Zwei Tage später – die Schmerzen und Taubheitsgefühle sind inzwischen noch schlimmer geworden – musste sie schließlich den Notdienst rufen.
Die behandelnde Ärztin nimmt Blut ab und veranlasst Röntgenaufnahmen, doch kann die Krankheit nicht zuordnen. Tatsächlich wird GBS aufgrund der Seltenheit häufig nicht sofort richtig diagnostiziert. „Ich bekam Schmerzmittel“, erzählt Heidemarie Langel. „Und wurde dann wieder nach Hause geschickt.“ Am Nachmittag kann sie schließlich überhaupt nicht mehr gehen. Sie ruft erneut den Notdienst.
Bei der Anamnese im Krankenhaus entscheiden die zuständigen Ärztinnen und Ärzte schließlich, die Patientin in eine neurologische Fachklinik zu bringen. „Das war ein großes Glück“, weiß Frau Langel. Denn nach einer Untersuchung des Nervenwassers und der Auswertung einer Elektroneurographie ist klar: Es handelt sich um GBS. Die Schmerzen sind zu diesem Zeitpunkt bereits unbeschreiblich stark, dazu kommen Geschmacksverlust und Schluck- sowie Sehbeschwerden. Es folgt eine Woche Behandlung auf der Intensivstation.
Die Beschwerden, von denen die Betroffene berichtet, sind typisch für GBS. Missempfindungen, Schmerzen und Lähmungen in Händen und Füßen, die sich innerhalb von Stunden bis Tagen entwickeln, sind meist die ersten Anzeichen. Die Intensität nimmt im Verlauf zu und die Symptome wandern auch in Richtung Körpermitte. „Ich konnte kaum noch schlafen“, berichtet Heidemarie Langel.
Nach ersten Übungen zur Ergo- und Physiotherapie sowie Logopädie im Krankenhaus, geht es für die Patientin sofort zur Rehabilitation in die MEDICLIN Hedon Klinik in Lingen. Dort beginnt sie direkt mit den Therapien, um körperlich schnellstmöglich wieder fit zu werden. Doch der Weg ist beschwerlich: „Mein rechtes Bein wollte überhaupt nicht und plötzlich hatte ich auch immer wieder ein Kribbeln am Hinterkopf. Auch das Kribbeln in den Händen und das Sehvermögen waren noch nicht besser“, fasst sie zusammen. Zusammen mit den Therapeutinnen und Therapeuten kämpft sie sich durch Kraft-, Funktions- und Koordinationstraining und unternimmt erste Gehversuche. Auf dem Therapieplan stehen außerdem Hirnleistungstraining sowie Übungen zur Grobmotorik und Feinmotorik und stimulierende Bäder.
„Es ist leider ein sehr langsamer Genesungsprozess bei Nervenkrankheiten“, erläutert Dr. Michael Annas, Chefarzt der neurologischen Rehabilitation in der MEDICLIN Hedon Klinik. Typisch für die Erkrankung: Die Genesung verläuft in umgekehrter Reihenfolge der aufgetretenen Beschwerden. Das bedeutet, die sensiblen Störungen bessern sich häufig erst nach Monaten. Nach ersten Erfolgen folgte bei der Patientin eine längere Phase, in der sich trotz hartem Training nicht viel gebessert hat. „Erst in den letzten Wochen macht Frau Langel wieder tolle Fortschritte“, hebt Annas hervor. „Sie ist aber auch nach wie vor hochmotiviert und macht super mit.“
Und das ist wichtig. Denn um die Symptome von GBS in den Griff zu bekommen, braucht man einen langen Atem. „Wer gehen will, muss gehen lernen“, bringt es Annas auf den Punkt. „Und zu schnell aufgeben ist keine Option, denn sonst wird es definitiv nicht besser.“ Die gute Nachricht: Mit viel Einsatz und einer guten Rehabilitation ist die Prognose nicht schlecht – 46% der Patientinnen und Patienten haben nach einem Jahr überhaupt keine Symptome mehr, bei weiteren 42% bleiben milde Symptome.
Das sind gute Aussichten für Heidemarie Langel. Denn die eigentlich sehr sportliche 75-Jährige will unbedingt wieder so leben wie vor der Erkrankung. „Ich bin zwar 75, bin aber bisher jeden Tag Fahrrad gefahren, habe mich um meinen Garten gekümmert und bin auch zum Fensterputzen auf die Leiter gestiegen“, erzählt sie. Und genau das soll ihr die Rehabilitation auch wieder ermöglichen. „Es ist wichtig, eine Reha-Klinik zu finden, die sich mit dem Krankheitsbild gut auskennt“, betont Dr. Michael Annas. „Bei uns in der Hedon Klinik kommt dazu, dass wir auch Selbsthilfe-Angebote im Haus haben. Denn der Austausch mit anderen Betroffenen hilft ebenfalls bei der Genesung.“