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05.03.2021

Von Mut und Stärke …

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Die Sprache zu verlieren, ist sehr persönlich – deswegen ist auch diese Geschichte aus unserer Mitgliedsklinik Medical Park Berlin Humboldtmühle sehr persönlich. Sie zeigt auch, dass in der Logopädie ein besonderes Verhältnis zwischen Patient*in und Therapeut*in entstehen kann.

Porträtaufnahme einer Therapeutin.
Die Therapeutin erinnert sich noch gut an ihre Patientin.

„Ach Baum, wie hat man dich doch arg verschandelt.

Gestürzt bist du,
wirkst fremd und sonderbar.

Mir geht’s wie dir:
Bin plötzlich stark beschädigt.
Gesund zwar fühl ich mich,
doch fortan unbrauchbar.“

„Frau A. war ein Sonnenschein, ein wahrer Lichtblick,“ erzählt meine Kollegin mit feuchten Augen und einem warmen Lächeln auf den Lippen über die Frau, die diese Zeilen schrieb: „Sie hatte all ihrer Therapeuten innerhalb von kurzer Zeit verzaubert.“

Sie beschreibt Frau A. als „ihre Schwester im Geiste“. Kommen beide doch aus der gleichen Ecke Berlins und waren sich nicht nur auf Grund ihrer Herkunft gleich nah. Frau A. wird mir beschrieben als eine lebensmutige, positive Frau, die auf Grund ihres Schlaganfalls jedoch sehr unter Schluckstörungen und Aphasie litt. Weitere Indikationen für diese Leiden können Gehirntumore, Morbus Parkinson, MS, GBS, Encephalitis und Schädel-Hirn-Traumata sein. Das Lesen fiel ihr schwer – und das, obwohl doch gerade Worte ihre große Leidenschaft waren.

„Frau A. war stets positiv, obwohl ihre Einschränkungen sie zu schaffen machten. Besonders die Aphasie als zentrale Sprachstörung belastete Frau A. besonders.“

„Frau A. war eine starke und mutige Frau, die sich dennoch nicht gehen ließ und vor allem,“ meine Kollegin schmunzelt, während sie die folgenden Sätze formuliert: „…vor allem hatte sie ein ernstgemeintes Interesse an ihrem Umfeld. Die meisten neurologischen Patient*innen sind verständlichen Weise häufig in ihrer eigenen Welt gefangen. Da gibt es so viele eigene Einschränkungen hinzunehmen, Grenzen zu überwinden. Es gilt so viel an sich selbst zu arbeiten – da bleiben nur wenige Gedanken und Wahrnehmungen für das Umfeld übrig. Doch nicht so Frau A. Sie war allen so zugewandt und empathisch. Sie zu behandeln war eine wahre Freude, denn alle Sprachübungen, die wir machten, übten und probten wir im Grunde nicht an vorgegebenen Sätzen, sondern in persönlichen Gesprächen, die von Herzen kamen und zu Herzen gingen.“

Eine Übung, um zum Beispiel Wortfindungsstörungen (ein Symptom der Aphasie) zu überwinden ist, dass die Therapeutin einen Satz vorliest und die Patientin das letzte Wort des Satzes ergänzt. Bei Patienten mit Artikulationsstörungen (ein Symptom der Dysarthrie) werden Zungenbrecher laut, langsam und deutlich vorgelesen.

„Bei Frau A. fühlte man sich nicht einfach wie eine professionelle Therapeutin. Ich war bei ihr ganz ich selbst – quasi die Privatperson. Und ich glaube, auch sie fühlte sich in all ihren Facetten auf- und angenommen.“

Frau A. erlangte ihre Schluck- und Sprachfähigkeit wieder komplett zurück. Doch mir als geneigter Zuhörerin kommt es so vor, als ob sie im Laufe ihrer Genesung nicht nur körperlich-medizinische Grenzen überwunden hat. Durch den stets persönlichen Bezug zu meinen Kolleg*innen, die anregenden persönlichen Gespräche, die entstandenen Freundschaften und ihren unermüdlichen Kampf um ihre Genesung, schaffte Frau A. es schließlich neue Blätter zu treiben – trotzt so mancher abgebrochenen Äste.

„Können Sie sich überhaupt noch auf mich rückbesinnen? Warten Sie, ich gebe Ihnen Erinnerungshilfe: Ich bin eine von den Schlaganfallpatientinnen, die zur REHA in der Humboldtmühle waren, im vorigen Sommer. Ich bin die Frau, die gern zur Ihrer logopädischen Therapie kam und oft und herzerquickend mit Ihnen lachen konnte und ich bin auch die Frau, bei der sich während des Mittagessens einmal, im Speisesaal unbemerkt ein Glas aus der Brillenfassung gelöst hatte, in meinen Schoß glitt und dort nach einiger Zeit entdeckt, aber nicht erkannt werden konnte. Ich hielt es für ein Stück runtergefallene Salzkartoffel – zunächst!!“ so schrieb Frau A. an meine Kollegin ein Jahr später einen persönlichen Brief.

Ob meine Kollegin sich erinnern konnte? Selbstverständlich. Auch heute noch, zehn Jahre später, hat sie jeden einzelnen Brief – und dem oben zitierten folgten noch so manche – aufbewahrt.

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