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26.05.2023

Interdisziplinär und innovativ

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Das „MS-Rehabilitationszentrum“ Kliniken Schmieder Konstanz

Der an Multiple Sklerose erkrankte Manfred F. genießt sichtlich das Eisbad, das ein bis zwei Mal in der Woche auf seinem Therapieplan steht. Nach dem 15-minütigen Bad wird er besser laufen können, auch beim Ausstieg aus der Badewanne braucht er, anders als beim Einstieg, keine Hilfe mehr.

 

Patientin wird bei einer Gleichgewichtsübung von einer Therapeutin unterstützt.
Konzentriert führt Frau W. die Gleichgewichtsübungen durch. Physiotherapeut Hannes Ray überprüft die richtige Haltung und Ausführung. Foto: Kliniken Schmieder. (HINWEIS: Das Foto entstand im Zeitraum der Corona-Pandemie).

Besonders für Patient:innen, die aufgrund ihrer Multiple Sklerose-Erkrankung motorische Einschränkungen haben, empfiehlt Hans-Jürgen Lehmann Baden im eiskalten Wasser. „Bei Abnahme der Körperkerntemperatur werden die Leitfähigkeit der Nerven und die Motorik verbessert“, erklärt der Therapeut mit 40-jähriger Berufserfahrung bei den Kliniken Schmieder den medizinischen Effekt dahinter. Das Eisbad ist wissenschaftlich nicht gerade unumstritten, hält der positive Effekt doch maximal nur ein paar Stunden an. Doch für den Therapeuten sind die zufriedenen Gesichter der vielen MS-Patient:innen Bestätigung genug. Die Physikalische Abteilung bietet über das Eisbad hinaus ein breites Spektrum an Therapiemöglichkeiten. Speziell für MS- Patient:innen kommen zum Beispiel auch kalte Güsse, Lymphdrainage, das Vier-Zellen-Bad, Wechselbäder für Arm und Fuß sowie die klassische Massage zum Einsatz.

Geballte MS-Kompetenz am Bodensee

So vielfältig die Möglichkeiten in der Physikalischen Therapie sind, so vielfältig ist auch insgesamt das Behandlungsangebot für MS-Patient:innen in den Kliniken Schmieder Konstanz. Seit 2006 ist der Klinikstandort von der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, kurz DMSG, als „MS-Rehabilitationszentrum“ zertifiziert und bietet Betroffenen damit ein breites Spektrum diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten.

Durch den hohen Anteil an MS-Patient:innen – jährlich rund 30 Prozent der Patient:innen in den Kliniken Schmieder Konstanz – hat sich bei Ärzt:innen, Therapeut:innen und in der Pflege eine große Kompetenz entwickelt, den Bedürfnissen der Patient:innen gerecht zu werden. Um diese Kompetenz zu erweitern und zu verbessern, gibt es regelmäßige Fachveranstaltungen und Schulungen.

Interdisziplinarität steht hoch im Kurs

„Um eine ganzheitliche Behandlung und eine erfolgreiche Rehabilitation unserer Patient:innen zu ermöglichen, sind alle Fachbereiche gleichermaßen wichtig“, erklärt Prof. Dr. Christian Dettmers, Leiter des MS-Behandlungsschwerpunkts in Konstanz. „Außerdem ist die Rehabilitation ein wechselseitiger Prozess, in dem unsere Patient:innen und Mitarbeitenden voneinander profitieren und wir durch die Bedürfnisse der Patient:innen lernen und Erfahrungen sammeln“, ergänzt der MS-Experte. Auch die Kliniken Schmieder Gailingen sind auf die Behandlung von Multipler Sklerose spezialisiert und seit 2015 zertifiziertes „MS-Rehabilitationszentrum“. Beide Kliniken erfüllen die strengen Kriterien des Bundesverbandes und bieten die geforderten hohen Qualitätsstandards in Therapie, Ausstattung und Dokumentation.

Ein Beweis für die Qualität und den Erfolg als MS-Kompetenzzentrum sind die vielen MS-Patient:innen, die seit Jahren immer wieder gezielt zur Reha nach Konstanz kommen. Die Patient:innen schätzen das passgenaue und ergebnisorientierte Therapievorgehen. In der Physiotherapie werden spezifisch motorische Störungen und Schmerzen behandelt, immer im Fokus auf das, was für die Patient:innen Sinn macht und wo die Grenzen des jeweiligen Trainings liegen.

Simon Sailer, der als erfahrener Physiotherapeut schon viele MS-Patient:innen während der Reha in Konstanz betreut hat, betont: „Wir analysieren natürlich erst einmal bei jedem Betroffenen, welche körperlichen Einschränkungen vorhanden sind und beraten bei der richtigen Trainingsgestaltung. Bei all dem Training ist die Regeneration aber genauso wichtig.“

Gleichgewichtstraining ist neben dem Ausbau von Ausdauer und Kraft vor allem in der Sporttherapie ein zentrales Thema. In den vergangenen Jahren hat hier ein radikales Umdenken stattgefunden. „Während man früher angesichts einer entzündlichen Erkrankung den Patient:innen eher Abstinenz vom Sport empfohlen hat, sehen wir jetzt – gerade in den frühen Stadien der MS – angemessene und regelmäßige körperliche Aktivität und Training als enorm wichtig an“, sagt Prof. Dr. Christian Dettmers.

Eine Patientin übt mit einer Ergotherapeutin an der Computertastatur.
In der Ergotherapie wird gezielt mit Alltagsgegenständen, wie z. B. einer Computertastatur, trainiert, um eine Verbindung zum (Berufs)-Alltag der Patientin herzustellen. Foto: Kliniken Schmieder. (HINWEIS: Das Foto entstand im Zeitraum der Corona-Pandemie).

„Fordern aber nicht überfordern“ – so lautet auch das Credo in der Ergotherapie, die mit der Physiotherapie zusammen die Motorischen Therapien abbilden. „Anders als in der Physiotherapie steht in der Ergotherapie viel stärker das alltagsbezogene Training im Vordergrund“, erklärt die Ergotherapeutin Noemi Bertuleit, Ergotherapeutin. Durch das Training mit typischen Alltagsgegenständen soll gezielt die Verbindung zum (Berufs)Alltag hergestellt und damit die Selbstständigkeit der Patient:innen erhalten werden.

Multiple Sklerose ist eine unberechenbare Krankheit, bei der es immer wieder zu schubartigen Verschlechterungen kommen kann. Dabei wissen die Patient:innen nie, wann der nächste Schub auftritt und was dann betroffen sein könnte. Die meisten haben daher mit großen Unsicherheiten und Ängsten zu kämpfen. Den bestmöglichen Umgang mit der MS-Erkrankung zu finden, das „Bestmögliche aus der Erkrankung zu machen“, darauf fokussiert sich auch die Neuropsychologie. Helena Marx, Psychologin und stellvertretende Therapieleitung, betreut viele MS-Patient:innen und weiß, dass die psychische Belastung groß ist: „Der Austausch mit anderen Betroffenen ist daher extrem wichtig.“ Neben psychologischen Gruppenangeboten gibt es am Standort Konstanz auch einen MS-Treffpunkt ohne therapeutische Begleitung.

Auch in der Berufstherapie geht es um die Einschätzung der weit verbreiteten Fatigue durch Belastungstests. Da Fatigue eines der häufigsten Symptome bei MS-Patient:innen ist, das die Leistungsfähigkeit der Patient:innen an ihrem Arbeitsplatz am stärksten beeinträchtigt, gleichzeitig aber nicht einfach zu messen und zu therapieren ist, gilt es, psychische Belastungsfaktoren ausfindig zu machen. Eine möglichst hohe

Lebensqualität trotz der Unsicherheiten, Ängste und mehr oder weniger großer Einschränkungen zu erreichen, dabei unterstützt auch der Sozialdienst. „Die Krankheit MS bricht oft in einer Lebensphase aus, in der Familienplanung, finanzielle Absicherung und berufliche Laufbahn eine große Rolle spielen“, erklärt Dieter Nutz, der als Mitarbeiter des Sozialdienst-Teams in Konstanz Patient:innen in Sachen finanzieller und sozialrechtlicher Ansprüche und beruflicher Perspektive berät.

Innovation durch MS-Forschung

Innovativ ist die MS-Behandlung auch dank der Forschung, die seit Jahren über das klinikeigene Forschungsinstitut, dem Lurija Institut für Rehabilitationswissenschaften und Gesundheitsforschung, betrieben wird. Ein Forschungsschwerpunkt sind die MS-typischen Phänomene Fatigue (subjektive Wahrnehmung von Erschöpfung) und Fatigability (sichtbare organische Erschöpfung). In den letzten Jahren haben verschiedene Abschluss- und Promotionsarbeiten und andere Forschungsprojekte dazu beigetragen, diese und weitere MS-typischen Aspekte besser zu verstehen.

So stolz wie Prof. Dr. Christian Dettmers auf die Arbeit der Kolleg:innen ist, die MS-Patient:innen betreuen, so stolz ist er auch auf diese zukunftsweisende Forschungsarbeit und sagt: „Die Ergebnisse der Studien und Kooperationen mit universitären Einrichtungen lassen sich nicht immer 1:1 in die Praxis umsetzen. Aber sie helfen uns, die Multiple Sklerose, die leider nicht geheilt werden kann, zu verstehen und die Therapien zum Wohl der Patient:innen zu optimieren.

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